for 5 players
A media archeologist recently excavated the score of a certain John Cage who, being a charismatic man, incited people in the last century to think different about music. His concept of music, which he developed in the 1950’s is characterized by a fundamental quality: Arbitrary sounds (he noticed that silence doesn’t really exist) become music when they are organized in time and are thus presented within a temporal framework. To demonstrate his discovery he created a series of works, Radio Music from 1956 among them. 1 to 8 operators control the radios and chose frequencies according to a score. The total duration of the piece is six minutes, which is subdivided in four sections. As the frequencies of the stations are different for every location and the programs constantly change except for the jingles, the outcome is a colorful mosaic of radio features, crackles and noises which can never be reproduced.
More than 50 years later (and 17 years after Cage’s death) we are faced with the situation that the piece can not be performed as originally intended. Radios hardly tune into the 55 to 156 KHz short wave band and there are fewer and fewer stations broadcasting in this range. If we extrapolate this development, we can assume that the tube/transistor radio of the 20th Century will soon breath its last and that information and entertainment will be delivered by mobile Internet via podcasts and live streams. There will be neither stations in the original sense, nor noise or interferences, which affect our listening enjoyment. There will be perfection, but the radio aura will be lost along with Cage’s intentions. Thus, we need to reconstruct them:
In our version of Radio Music self-produced podcasts serve as simulated radio stations and reflect the novel identity of the listener turned prosumer. The stations are now located on a virtual frequency scale, along which the players move via USB rotary dials. Hereby, the sounds are being attenuated according to their distances from their “broadcasting frequency” and modulated with white noise. For each performance, the radio frequencies are determined randomly to eliminate the likelihood of identical performances. The video projection shows an idealized Fisher radio from the 1960’s with five animated cursors for the frequency display and five dials for volume control representing the actions of the players. Hence, it functions as a radio avatar. To increase the the nostalgic feel, the actions should be executed on old defunct radios with loudspeakers invisibly placed behind them.
für 5 Spieler
Als Medienarchäologe bin ich vor einiger Zeit auf eine Partitur eines gewissen John Cage gestoßen, der im letzten Jahrhundert als charismatische Figur Leute dazu brachte, anders über Musik zu denken. Seine Auffassung von Musik, die er in den 50er Jahren entwickelte, zeichnete sich dabei durch eine fundamentale Eigenschaft aus: Beliebige Klänge (denn Stille, so fand er heraus, existiert im Grunde nicht) werden zur Musik, wenn diese zeitlich organisiert sind, und somit einen Rahmen erhalten. Um diese Entdeckung zu demonstrieren, erschuf er eine Reihe von Werken, unter anderem die Radio Music von 1956. 1 bis 8 Operateure bedienen Radios und wählen Frequenzen nach einer von ihm realisierten Partitur aus. Die Gesamtlänge der Komposition beträgt 6 Minuten, die in vier Abschnitte unterschiedlicher Länge unterteilt sind. Da die Lage der Stationen von Ort zu Ort unterschiedlich ist und das Programm sich, von Erkennungsmelodien abgesehen, ständig ändert, entsteht ein buntes Mosaik aus Radiobeiträgen, Störgeräuschen und Rauschen, das sich nie reproduzieren lässt.
Mehr als 50 Jahre später (und 17 Jahre nach Cages Tod) stehen wir vor der Situation, dass sich das Stück nicht mehr original aufführen lässt. Kaum ein Radio besitzt heute noch das Langwellenband von 55 bis 156 KHz und es finden sich ja auch so gut wie keine Sender, die in dem Bereich ausstrahlen. Extrapolieren wir diese Entwicklung wird klar, dass das Röhren- bzw. Transistorradio des 20.Jhs bald sein Leben ausgehaucht haben wird, und wir stattdessen über das mobile Internet durch Podcasts und Live-Streams mit Informationen und Unterhaltung versorgt werden werden. Die Bedeutung dessen ist weitreichend: Es wird weder Stationen im eigentlichen Sinne geben, noch Geräusche oder Interferenzen, die sich mit dem konsumierten Programmen überlagern und diese beeinträchtigen. Die Perfektion ist da, die Aura ist weg und aus dieser Situation das Anliegen Cages kaum mehr vermittelbar. Wir müssen diese also Rekonstruieren:
In unserer Version von Radio Music fungieren selbst-produzierte Podcasts als simulierte Radiostationen und reflektieren dabei das zum Prosumer gewandelte Selbstverständnis des Hörers. Diese Stationen werden nun auf einer virtuellen Frequenzskala angeordnet, auf der die Spieler sich mithilfe von USB-Drehreglern entlang bewegen. Dabei werden die Klänge in Abhängigkeit ihrer Entfernung von der “Sendefrequenz” abgeschwächt und mit Rauschen moduliert. Vor jeder Aufführung werden die Frequenzen der Sender nach dem Zufallsprinzip verteilt, so dass die Wahrscheinlichkeit zweier identischer Aufführungen gegen null tendiert. Die Videoprojektion zeigt ein idealisiertes Fisher-Radio aus den 60er Jahren mit fünf animierten Nadeln für die Frequenzanzeige und Lautstärkreglern für An und Aus, das die Aktionen der Spieler repräsentiert. Es fungiert daher als Radioavatar. Um das Element der Nostalgie nicht außer Acht zu lassen, werden die Aktionen auf antiken, funktionsuntüchtigen Radios ausgeführt.
Die Podcasts stammen u.a. von Kai Niggemann, Adam Siska, Johannes Kretz, Andrea Szigetvári und Ivana Ognjanovic mit einem Interview von Jahn Cage von Peter Michael Hamel
Info
Creation/revision date: 2008
Duration: 6′
Premiere: November 26, 2008. European Bridges Ensemble at the Hamburg Klangwerktage festival
Format: Quintet.net piece