Wie fast jeder Erfolg fing auch dieser mit einer Niederlage an: 2014 reichte ich unter Beteiligung der Theaterakademie und Kampnagel einen Antrag zur Förderung eines Masterstudiengangs Stage Studies bei der Claussen-Simon-Stiftung ein. Dieser interdisziplinäre Studiengang sollte ein Dach für alle Fächer sein, die etwas mit den unterschiedlichen Diskursen rund um die Bühne zu tun haben – ganz im Sinne des Foucault’schen Begriff des Dispositifs.
show moreLeider bekam unser Antrag keinen Zuschlag und verschwand erst einmal in der Schublade*. Am 16. November 2016, bei einer Sitzung der Digitalen Runde, die von Prof. Sabine Dhein ins Leben gerufen wurde, um Themen der Digitalisierung fächerübergreifend eine Plattform zu geben, erwähnte der für Steuerung zuständige Kollege Michael Ovel, dass das Präsidium der Hochschule eine Beteiligung an der Förderinitiative „Innovative Hochschule“ zwar diskutieren, aber diese aus Zeitgründen eher nicht in Erwägung ziehen würde. Diese Initiative von Bund und Ländern soll „die – neben Forschung und Lehre – dritte Mission ‚Transfer und Innovation‘ in den Blick [nehmen] und richtet sich insbesondere an kleine und mittlere Universitäten sowie an Fachhochschulen.“ (Webseite des BMBF). Hierbei ging es darum, Transferprojekte einzelner Hochschulen mit bis 10M € und Verbünde mehrere Hochschulen mit bis zu 20M € über 5 Jahre zu fördern.
Ich setzte daraufhin das Präsidium in Kenntnis, dass ich die Antragsstellung übernehmen würde, schließlich würde es sich hier um eine einmalige Gelegenheit handeln.
Da ich mich mit meinem ehemaligen Studenten (und mittlerweile Kollegen) Prof. Dr. Jacob Sello bei einem DAAD-Austauschprojekt in Australien im ständigen Austausch über die Akquise von Mitteln für den schon traditionell durch Drittmittel geförderten Multimedia-Studiengang und dem mit ihm assoziierten Zentrums für Mikrotonale Musik und Multimedia (ZM4) befand, war es ein Leichtes diesen von einer Mitarbeit zu überzeugen. Eine weitere Mitstreiterin fanden wir in Prof. Martina Kurth, die durch ihre exzellente Arbeit im Career Center auf sich aufmerksam gemacht hat. Die nächste Herausforderung war es alle Beteiligten davon zu überzeugen, dass wir aus dem von der Hamburg Innovation (https://hamburginnovation.de) zusammen mit der TU Hamburg-Harburg, der HAW und der HCU angedachten Verbundprojekt ausscheren und einen Alleingang versuchen würden. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigten vielfach, dass es für die traditionell Forschungs- und Entwicklungs-orientierten Hochschulen schwierig ist, die Gedankengänge und Bedarfe einer künstlerischen Hochschule nachzuvollziehen und wir uns, ausgehend von dem Proporz und den Schwergewichten der Partnerhochschulen, wohl eher mit bescheideneren Projekten hätten zufriedenstellen müssen. Am 11. November 2016 schrieb Jacob Sello die Dekaninnen und Dekane der Hochschule an mit der Bitte, die Informationen in die Dekanate zu tragen und das Kollegium ermutigen, Projektvorschläge einzureichen. Als Deadline wurde der 6. Januar 2017 genannt. Tatsächlich erreichten uns zahlreiche Vorschläge, von denen elf zu ausgewachsenen Projektenvorhaben wurden und weitere vier zu noch weiter auszuarbeitenden Projektskizzen. Die folgenden Vorhaben wurden dann in einer Gesamtvorhabenbeschreibung zusammengefasst, die durch eine Beschreibung der Transferstrategie – für das tatsächlich wieder der alten Antrag aus der Versenkung geholt haben – ergänzt wurde:
1. Strategische Maßnahmen
A. Transferbüro: die zentrale Anlaufstelle für Transferprojekte
B. Career Center: Cultural Entrepreneurship & künstlerische Innovation (Prof. Martina Kurth)
2. Strukturelle Maßnahmen
A. Stage_2.0: Die Bühne des 21. Jahrhunderts (Forumsteam)
B. Webcast: Live-Streams und Videodokumentation (Oliver Frei)
3. Technologietransfermaßnahmen
A. Innovationslabor: die interdisziplinäre Zukunftswerkstatt (Prof. Dr. Jacob Sello)
B. ZM4: Das Zentrum für Mikrotonale Musik und Multimedia (Prof. Dr. Georg Hajdu)
4. Soziale Innovationsmaßnahmen
A. Fortbildungsreihe: KlangwerkStadt Hamburg-Wilhelmsburg (Carlos Rico)
B. Kunstvermittlung: Moving Sound Pictures (Dr. Konstantina Orlandatou)
C. Schulmusik: Die Geschichte der traditionellen Musik Ostasiens (Prof. Frank Böhme)
D. Elementare Musikpädagogik: International Music Education (Prof. Dr. Almuth Süberkrüb)
E. Musikwissenschaft: Multimediale Online-Musikgeschichte (Prof. Dr. Nina Noeske und Prof. Dr. Matthias Tischer)
Zu den Projektskizzen gehören:
- Künstlerische Promotion: Dr. sc. mus. (Benjamin Helmer)
- Das Experimentalstudio: Bühne für künstlerische Experimente (René Türschmann)
- Theaterakademie: Online-Lexikon der szenischen Künste (Prof. Sabina Dhein)
- Jazz: Institut für Polystilistische Improvisation und Crossover (Vlatko Kucan)
In der Zwischenzeit holten wir Kooperationsvereinbarungen von fast allen Big Players in der Musik und Theaterwelt in der Hansestadt ein: Staatsoper, Kampnagel, Schauspielhaus, Thalia Theater, Elbphilharmonie, um nur einige zu nennen, und einigten uns auf einen griffigen Titel, bei dem wir auf ein Interview zurückgriffen, das Elmar Lampson einst dem Abendblatt gab: „Stage_2.0: Alsterphilharmonie. Die Bühne als Ort des künstlerischen Wissenstransfers und der gesellschaftlichen Teilhabe“
Nachdem wir uns bei Besuchen beim Projektträger in Jülich (in der Nähe von Köln) und bei der BWFG Hilfe bei der Formulierung des etwa 150-seitigen Antrags geholt haben, wurde dieser, mit Unterschriften unseres Präsidenten versehen, am 24. Februar 2017 Minuten vor Ablauf der Frist von Jacob Sello persönlich bei Behörde vorbeigebracht.
*Fairerweise muss ich allerdings hinzufügen, dass ein anderes Konzept, das ich mit Prof. Dr. Eckhard Weymann (Musiktherapie, HfMT) und Prof. Dr. Clemens Wöllner (Systematische Musikwissenschaft, Universität Hamburg) eingereicht habe, im übernächsten Jahr sich dann tatsächlich die Gunst der Juroren erwarb.
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