CD-Kritik






Kölner Stadt-Anzeiger – Nr. 237 – Donnerstag, 12. Oktober 2000 – 17

Experimentelles Musiktheater

"Eine Oper zu schreiben heißt:
Keinen anderen Ausweg wissen." Dieses Motto des Texters Thomas Brasch stellt – mittels Elektronik klanganalytisch zur Strukturformel aufbereitet – den Ausgangspunkt von Georg Hajdus experimentellem Musiktheater "Der Sprung – Beschreibung einer Oper" dar (Berslton 199 11 27). Grundlage des von Hajdu und Brasch als Gedankendrama konzipierten Werks ist ein tragischer Vorfall, der sich am Institut für Judaistik der Kölner Universität abspielte und zwar im Jahre l984. Eine – wie sich herausstellen sollte – schizophrene Studentin erschoss aus diffusen Beweggründen einen Professor und verletzte einen weiteren lebensgefährlich.

Brasch verfasste aus Notizen und Recherchen zu Tathergang und Hintergrund eine suggestive Reise in die Sphäre von psychischer Entgrenzung und Realitätsverlust die Hajdu mit subtil fesselnder Musik aus computerbearbeiteten Stimmen und Geräuschen sowie Jazz-, Rock, Klezmer- und Mittelalter-Adaptionen untermalt und verdichtet – wobei er die dem Wahngedanken eigene unerbittliche Logik in hochgradiger Organisierung und Stilisierung des Klanggeschehens widerspiegelt. Auf dem spannenden Live-Mitschnitt der Uraufführung vom 2. Oktober 1999 in Münster sind zu hören: Anya Fischer (Sprecherin), acht Vokalisten und ein 20-köpfiges Instrumentalensemble unter der Leitung von René Gulikers und der Klangregie des Komponisten.

(E. H.)


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